26.12.2024

Das Geheimnis des schnellen Pärchens auf dem Jakobsweg

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Vor einigen Jahren bin ich als Pilgerin auf dem Jakobsweg gewandert. Hunderte von Kilometern zu Fuß entlang der nordspanischen Küste. Die Landschaft ist atemberaubend, die Menschen unterwegs einfach wunderbar und die Route anspruchsvoll. Ich bin an viele meiner Grenzen gestoßen und jede Tagesetappe hat mich auf ihre Weise gefordert.


Die Begegnung

Auf einem besonders steinigen, schmalen Pfad an einer langgezogenen Bergkette entlang war ich mit einer Mitpilgerin unterwegs. Stundenlang sind wir schweigend, konzentriert hintereinander gelaufen, um unsere Füße in dem unebenen Geröll sicher zu setzen. Es war eine langsame Etappe, auf der wir schon unterwegs wussten, wie sehr sie uns noch in den Beinen stecken würde. Irgendwann auf der Hälfte hörten wir hinter uns die Schritte anderer Pilger näherkommen. Ein Mann und eine Frau näherten sich in einem wahnsinnigen Tempo. Wir drückten uns auf dem schmalen Pfad rechts an den Berg, damit die Zwei passieren konnten. Mit dem klassischen Gruß „Buen Camino“ flogen sie an uns vorbei. Sie waren sicher zwanzig Jahre älter und auf diesem herausfordernden Pfad doppelt so schnell wie wir. Der Mann vorne, die Frau einen halben Schritt hinter ihm, ihre Hand leicht an seinem Rucksack. Die Athletik, Trittsicherheit und der „Flow“ mit dem die Beiden unterwegs waren, haben uns den Rest unserer Tagesetappe noch beeindruckt und beschäftigt. Abends in der Herberge sehe ich auf dem Weg zu den Duschen die Frau aus dem schnellen Duo wieder. Sie steht in dem ganzen Trubel der Herberge ungewöhnlich statisch und merkwürdig mittig in dem großen Raum zwischen Küchenzeile und einer Sitzecke. Ich nicke ihr mit einem „Hola“ zu, aber sie scheint mich nicht wiederzuerkennen und reagiert nicht. Kurz bin ich verwundert, da unter Pilgern eine herzliche Zugewandtheit üblich ist. Ich denke aber nicht weiter darüber nach, sondern gehe erstmal duschen.


Das Unfassbare

Ein paar Minuten später aus der Damendusche kommend, treffe ich im Flur den Mann des schnellen Duos. Er grüßt mich freundlich und spricht mich auf Deutsch an. Wie schön, dass wir uns hier wiedersehen, sagt er. Wir hätten uns ja heute Mittag unterwegs gesehen. Ob wir noch eine gute weitere Etappe hatten? Ein netter, pilgertypischer Austausch, der Auftakt sein kann zu tieferen Gesprächen. Er fragt, ob ich ihnen helfen könne. „Klar, gerne!“, sage ich. Daraufhin haut er mich um: „Meine Frau ist blind. Es ist in den Damenduschen noch viel Betrieb. Kannst Du sie in die Duschräume bringen und ihr bei der Orientierung helfen?“. Ich bin sprachlos und bekomme vor lauter Verwirrung über diese Information, die für mich so gar nicht zu der Agilität und Geschwindigkeit des Duos auf dem schmalen Geröllpfad passt, nur das Wesentliche heraus: „Na klar, gerne!“. Ich stelle mich der Frau vor, sie legt mir die Hand an die Schulter und wir gehen zusammen in den Waschraum. Ich brauche ihr nur eine kurze Orientierung zu geben – Haken für Klamotten und Handtuch hier, Dusche mit Stufe hier, sie wählt die Wand, über die sie fertig geduscht zurück zur Tür kommen wird. Später treffen wir uns zufällig in der gemütlichen Sitzecke wieder und ich platze vor Neugier: „Wie, um Himmels willen, machst du es, wie macht ihr es, dass ihr diesen anspruchsvollen Weg schafft, während du die ganzen Geröllbrocken überhaupt nicht siehst? Und dann noch in diesem Tempo!?“


Das Geheimnis

Ihre Antwort ist so faszinierend wie wunderbar:


(Blindes) Vertrauen

Sie vertraut ihrem Mann. Sie weiß, wie er sich bewegt, und vertraut darauf, dass er seine Schritte so gestaltet und wählt, dass sie auch für sie funktionieren. Ok, beeindruckt antworte ich etwas in der Richtung, wie wahr der Begriff blindes Vertrauen für sie ist. Da ergänzt ihr Mann jedoch, dass das Vertrauen keine Einbahnstraße zwischen ihnen ist. Auch für ihn funktioniert das gemeinsame Wandern nur, weil er seiner Frau zu hundert Prozent vertraut – darauf, dass sie seine Schritte in ihren abbildet, darauf, dass sie in der Lage ist, den Weg genauso zu gehen, wie er und nicht stolpern wird.


Präsenz in jedem Schritt

„Aber warum denn unbedingt in dieser Geschwindigkeit?“, frage ich. Ich will wissen, was sie so hetzt. Nichts hetzt sie, erläutern sie mir. Die Geschwindigkeit resultiert aus der Haltung. Ihre Balance, die das Stolpern verhindert, kommt von innen heraus und überträgt sich auf ihre Beine und Füße. Erst in zweiter Linie hat die Balance etwas mit dem Untergrund zu tun. Sie läuft mit einer starken Mitte, mit einem starken Bauch und Rückgrat. Dabei ist sie absolut im Moment und nimmt kleinste Informationen über den Untergrund sofort über die Füße wahr. So kann sie Unebenheiten, wackelnde Steine und rutschige Stellen sofort wahrnehmen und ausbalancieren. Ihre körperliche Kraft und Balance geben das Tempo vor, nicht der Untergrund. Sie sagt, sie läuft in einem Flow und präsent in ihrem Körper. Würde sie langsamer werden, würde sie auf kippelnden Steinen nur verharren und aus ihrem Rhythmus kommen.


Immer wieder Mut

„Hast Du keine Angst zu stolpern“, frage ich. Doch, sagt sie. Sie seien auch schon ein paar Mal hingefallen. Immer beide zusammen, er konnte sich jeweils ganz gut abstützen und sie ist auf ihn draufgefallen. Das hat schon ordentlich blaue Flecken und auch ein paar andere Blessuren gegeben, sagt sie, aber „allemal besser als nicht zu wandern“. So bestätigt sie sehr kraftvoll: Mutig heißt nicht furchtlos. Angst darf ruhig unser Begleiter sein. Präsent im Wissen um und im Vertrauen auf uns und unsere Mitmenschen schaffen wir Unglaubliches.


Mich hat dieses Treffen auf dem Jakobsweg unheimlich inspiriert. Bis heute beziehe ich die Weisheit dieser blinden Frau auf meine Herausforderungen.


Die Fragen, ... 

... die ich mir dann stelle, teile ich heute gerne mit Dir:


Was würdest Du so richtig, richtig gerne machen, von dem Du selbst und andere sagen, Du könntest es nicht, weil…

Reminder: Es ist möglich, blind den Jakobsweg zu wandern.


Warum traust Du Dich bisher noch nicht? Welche Angst ist an Deiner Seite?

Reminder: Du musst die Angst nicht loswerden. Mit einer Portion Mut kannst Du trotz Schiss starten.


Wie schaffst Du Präsenz für das Jetzt – der einzige Moment, in dem wir aktiv sein können, die einzige Zeit, in der Leben gelebt wird?

Reminder: Mit Deiner Aufmerksamkeit ins Jetzt zu kommen, kannst Du trainieren. Komm in den mindfit club und wir legen gemeinsam los.


Welches Vertrauen kann Dich leiten? Welches möchtest Du ausbauen?

Reminder: Neben Erfahrung und Zuneigung hat Vertrauen auch viel mit Entscheidung zu tun. Dazu kannst Du hier mehr lesen.


Ganz viel Freude, Abenteuerlust und Hoffnung beim Lesen dieser kleinen, großen Geschichte wünsche ich Dir. Ich würde mich so freuen, wenn sie auch für Dich einen Fuß in die Tür zu einer Möglichkeit stellen könnte, die Du sonst zuschlagen würdest.


Und hey – wenn Du Dich zu Deinen Wünschen und Möglichkeiten austauschen möchtest und raus möchtest aus dem altbekannten „Ich würde ja gerne, aber geht ja leider nicht…“, dann schreibe mir und wir sprechen über Angst, Vertrauen und mentale Fitness. Ich freue mich drauf!

Wenn Du mehr über den mindfit club wissen möchtest, in dem wir in kleinen Gruppen unsere mentalen Muskeln trainieren, um den Umschalter in unsere Superpower zu stärken, dann findest Du die Warteliste für die nächste mindfit club Runde hier >> klick!

Ich lebe und arbeite im schönen Idstein bei Wiesbaden und Frankfurt im Rhein-Main-Gebiet. Die Technik macht es möglich, dass wir räumliche Distanz im Online-Coaching überbrücken können.


Pic privat


Tags

mentale Fitness


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