Durchhalten ist Mist. Wer mich kennt, weiß, dass ich nichts davon halte, die Arschbacken zusammenzukneifen und auszuhalten. Was sind wir aber alle miteinander gut darin genau das zu tun! Wir halten Situationen aus, die uns Magenschmerzen bescheren, liegen nachts grübelnd wach weil es so anstrengend ist, uns in den Job zu schleppen, der uns schon lange mehr kostet als auf dem Konto ankommt. Meistens halten wir uns selbst noch eine fiktive Karotte vor, um uns durch den Durchhalte-Endspurt zu peitschen. Wenn ich drei Jahre in dem Job im Lebenslauf habe, dann suche ich mir was Neues. Wenn die Kinder größer sind, mache ich beruflich wieder etwas, mit dem ich mich selber Ernst nehme. Wenn das Projekt vorbei ist, mache ich Urlaub.
Gründe gegen das Durchhalten
Aus zwei Gründen bin ich gegen das Durchhalten:
Erstens ist es viel zu anstrengend. Und damit meine ich nicht so-ein-bisschen-aus-der-Puste-anstrengend. Damit meine ich, dass wir es oft schaffen, auf einem wirklich gesundheitsgefährdenden Durchhalte-Level zu laufen. Da manifestieren sich dann die Magenschmerzen zu einer chronischen Angelegenheit, das nächtliche Grübeln wächst sich zu einer Schlafstörung aus und unser Energie-Haushalt geht deutlich ins Minus.
Zweitens geht unsere Lebenszeit-Uhr ja nicht auf Pause, nur weil wir gerade eine Durchhalte-Zeit haben. Jede Stunde, in der wir etwas aushalten, tickt auf unserer Uhr weiter. Der Anteil der Lebenszeit, die wir durchgehalten haben, wird größer und damit zwangsläufig der Anteil der Zeit, in der wir unser Leben so gelebt haben, wie wir wirklich wollen, kleiner. Wir vergessen allzu oft, dass unser Leben endlich ist. Nur weil wir Zeit vergeuden, kriegen wir ganz sicher am Ende unseres Lebens keinen Nachschlag.
Dranbleiben ist nicht Durchhalten
Versteh mich nicht falsch. Ich plädiere auf gar keinen Fall dafür, in schwierigen Phasen aufzugeben und bei jedem Sturm sofort von Bord gehen zu wollen. Ich feuere jeden passionierten Marathon-Läufer an, der mit Freude, Schweiß und Blut trainiert hat, im Lauf nicht aufzugeben. Ich bin ein absoluter Fan vom Lernen, Besserwerden und Dranbleiben – wenn es denn um etwas geht, das einem wirklich wichtig ist. Harte Arbeit verbindet uns auch mit unserem Potential. Wir sind zu wunderbaren Leistungen fähig, die oft mit intensiver Anstrengung einhergehen. Dazu gehören auch Durchhalte-Willen und –Fähigkeit. Ohne geht es nicht und unsere Erfolge schmecken uns nach anstrengenden Phasen umso süßer. Ich kann auch Eheberatung unbedingt empfehlen. Nicht aufstecken und sich trennen, sondern dranbleiben und auch mal Zeiten durchhalten – wenn es denn der richtige Partner ist.
Der Ritter auf dem weißen Pferd
Nachdem das geklärt ist, zurück zum mistigen Durchalten. Zur passiven Haltung, die wir allzu schnell annehmen und in der wir ausharren, bis sich irgendwelche Rahmenbedingungen verändern und es uns endlich besser gehen kann. An den Ritter auf dem weißen Pferd, der der Prinzessin zur Rettung eilt, glaubt ja hier keiner. Aber unter uns: Die innere Haltung beim Durchhalten ist die gleiche.
Ich plädiere immer dafür, die Verantwortung zu übernehmen und die verdammten Rahmenbedingungen zu verändern, wenn sie uns nicht passen. Gerne auch mit Hilfe von Anderen. Aber aktiv zu werden erlebe ich immer wieder als entscheidenden Faktor auf dem Weg zu weniger Durchhalten, Anstrengung und Stress.
Corona-Regeln durchhalten
Und nun? Nun befinden wir uns seit fast acht Monaten in einer globalen Pandemie und werden von einer Hygiene-Regel zur nächsten geschleudert, mit Lockdowns konfrontiert (light oder nicht so light). Vieles, was sonst unserer persönlichen Freiheit unterliegt, ist nun staatlich vorgegeben und eingeschränkt. Seit Monaten jonglieren wir alle Lebensaspekte auf unseren Wohnquadratmetern, die sonst Ausläufer in Büros, Turnhallen, Parks, Restaurants und befreundete Wohnungen hatten.
Wenn das mal nicht absolutes Durchhalten ist!
Und ich bin dafür! Bitte lasst uns alle miteinander die Masken aufbehalten und uns an die Corona-Vorgaben für den November halten.
Und weißt Du, wofür ich auch bin? Ich bin dafür, durchzuhalten mit den Corona-Maßnahmen UND das Durchhalten zu gestalten! Wir können die See und das Wetter verwünschen, aber das Schlaueste, was wir tun können, ist unser Boot gut auszustatten und unseren Kurs weise abzustecken. Je mehr uns die Rahmenbedingungen fordern, desto wertvoller ist es, uns unseren persönlichen Ausgleich zu gestalten.
Was brauchst Du jetzt?
Was brauchst Du, um noch weiter durchzuhalten? Wie würdest Du Dir diesen Corona-November am liebsten gestalten?
Jetzt-erst-recht-Jogginghosen-Tage? Super, go for it. Du bist der Boss!
Tanzen bis Dir die Füße wehtun? Die Wohnzimmer-Bühne gehört Dir. Mit Skype auch mit Freunden teilbar.
Endlich auf den Job bewerben, mit dem Du schon so lange liebäugelst? Die beste Zeit dafür war gestern. Die zweitbeste ist jetzt!
Weg, einfach mal raus und Zeit für Dich? Unbedingt und ab in den Wald oder auch einfach mit Kopfhörern in den Sessel und Tür zu.
Was es auch ist, gestalte es Dir! Mein Motto dazu lautet: So viel wie nötig, nicht so viel wie möglich. Was kann eine kleine Facette Deiner Realität werden in der großen Sehnsucht nach einem Ende dieser Pandemie, die uns alle zum Durchhalten zwingt?
Wenn Du es nicht tust, passiert es nicht.
Also komm, lass uns unser Durchhalten gestalten.
Und hey – wenn Du nicht länger durchhalten kannst oder willst, dann schreibe mir. Ich bin hier. Und ich freue mich, mit Dir zu sprechen, wo Deine Gestaltung beginnen kann.
Photo by Zoltan Tasi on Unsplash